Die Ozeane voller Plastik; die Flüsse voller Stickstoff und Phosphor; die Luft voller Schadstoffe; die Böden ausgelaugt; die Biodiversität schrumpft zur Einfalt – im 21. Jahrhundert zeigt sich das ganze verheerende Ausmaß der globalgewordenen Industrialisierung.

Konnten in den 1960ern der Einspruch gegen die Vernutzung der Bestände seitens der Mahner noch als Schwarzmalerei abgetan werden, so ist die »Umweltkrise« heute nicht mehr von der Hand zu weisen. Das System des Liberalismus, das sich nach dem Zerfall der Sowjetunion 1990 zum strahlenden Sieger der Geschichte ernannte, befindet sich 30 Jahre später an unzähligen Fronten in aussichtslose Dauergefechte mit den Resultaten seiner Existenz verwickelt.

Dabei ist Rückzug für die Gesellschaften der »großen Transformation«, wie der Umwelthistoriker Rolf Peter Sieferle den hochdynamischen Prozeß der Verflüssigung zur strukturellen Nicht-Festgelegtheit auf der Basis fortwährender Mobilisierung fossiler Rohstoffe bezeichnete, keine Option – »Flucht nach vorne« lautet die Devise.   

Die ersten Stimmen, die sich gegen diese Entwicklung wandten, kamen zur Wendezeit zwischen 19. und 20. Jahrhundert aus konservativer Richtung. Der Begründer des »Heimatschutzes« Ernst Rudorff fragte: »Was ist aus unserer schönen, herrlichen Heimat mit ihren malerischen Bergen, Strömen, Burgen und alten Städten geworden?«

Und der Lebensphilosoph Ludwig Klages konstatierte: »Eine Verwüstungsorgie ohnegleichen hat die Menschheit ergriffen, die ›Zivilisation‹ trägt die Züge entfesselter Mordsucht, und die Fülle der Erde verdorrt vor ihrem giftigen Anhauch.« Naturschutz, Heimatschutz, ökologische Technikkritik – das waren Kernthemen der Rechten gewesen. Dann kamen in den 1970ern als Antwort auf die sich weiter zuspitzenden Umweltprobleme die grünen Bewegungen auf und ehe es sich die in der BRD zu Technokraten verkommenen »Konservativen« versahen, hatte man sie ihrer »Kronjuwelen« beraubt.

»Ökologie«, das ist heute ein linkes Thema. Doch damit ging ferner ihre Verengung auf den »Klimaschutz« und die Instrumentalisierung der Natur für Emanzipationsbestrebungen einher. Übrig geblieben ist ein klägliches Zerrbild. Und Besserung ist bisher nicht in Sicht: Abgesehen von einzelnen Stimmen herrschte zur Bewahrung der »natürlichen Überlebensgrundlage des Menschen« und der »Erhaltung der natürlichen Grundlagen der Identität des Volkes« in der deutschen Rechten eine Sprachlosigkeit, die tief blicken läßt.

Die Parteienhoffnung vieler Konservativer, die »Alternative für Deutschland«, blieb diesbezüglich bisher blaß oder schlimmer; glänzte in der Vergangenheit mit unerschütterlicher Marktwirtschafts- und Industriegläubigkeit. Das ökologische Profil der Partei läßt enorm zu wünschen übrig. Es muß leider konstatiert werden, daß sich an Sieferles Urteil über den »modernen Konservatismus« rund 30 Jahre, nachdem er es fällte, nichts geändert hat: »Der moderne Konservative tritt für die schrankenlose Entwicklung der Produktion ein; er will nur noch das sozioökonomische System bewahren, das den industriellen Fortschritt garantiert.«

Darüber hinaus übersteigt dieses Problem den ökologischen Zusammenhang und verstellt dem »modernen Konservativen« die effektive Unterbindung der Autonomisierungstendenzen moderner Gesellschaften, die er fortwährend beklagt. Denn die von ihm präferierte Welt marktwirtschaftlicher Rationalität ist mit den von ihm wertgeschätzten traditionellen Verhaltensweisen, die einer vorindustriellen, ständischen Zeit entstammen, gänzlich inkompatibel. Der bundesrepublikanische Konservatismus ist demzufolge auf allen Ebenen zum Scheitern verurteilt und dabei selbst Teil des Problems, das er vorgibt zu bekämpfen.

Doch die Gefahr, die in sämtlichen Prozessen der »großen Transformation« für Mensch und Erde verborgen liegt, ist indes nicht geringer geworden. Vielmehr nähern wir uns insofern einem kritischen Moment, als der Großteil der ehemaligen Fraktion, die die »Auflösung aller Dinge« zu verhindern suchte, in der Logik der »marktwirtschaftlich-rationalen Konkurrenzgesellschaft« gefangen ist. Ferner zeigt sich spätestens im einseitigen »Klimaschutz« – der anstrebt, mit gigantischen »grünen« Technologieprojekten die Industriegesellschaft in eine »umweltfreundliche« Zukunft zu führen – die Unfähigkeit der Linken, vollumfänglich ökologisch zu denken; vom progressiven Paradoxon, für ökologische Nachhaltigkeit und eine autonomisierte, individualisierte Gesellschaft einzutreten, einmal ganz abgesehen.

Indessen ist eine Kehre aus der verzehrenden Instabilität weiterhin möglich. Ein erster Schritt dahin ist, daß sich die Rechte ihrer Wurzeln besinnt und die technokratischen Marotten ablegt. Dem Status quo ist eine konservative Utopie entgegenzustellen, die sich auf das in der »Frühe Währende« bezieht, denn der Status quo ist kein zu verteidigender Zustand, sondern unhaltbares Produkt dessen, wogegen sich Konservative zeitlebens gestemmt hatten. Wird dieser erste Schritt getan, wird auch das Wiedererlangen der »Kronjuwelen«, der Ökologie greifbar.

Eine Notwendigkeit, die sich das ihnen vorliegende Zeitschriftenprojekt Die Kehre zur Aufgabe gemacht hat. Hier werden sämtliche Facetten der Ökologie zur Geltung gebracht und wieder mit Leben gefüllt; ihrer Verengung auf den »Klimaschutz« Einhalt geboten. Außerdem bietet Die Kehre einen Orientierungspunkt, der veranschaulicht, was »konservative Ökologie« überhaupt ausmacht und wie diese im 21. Jahrhundert zu realisieren ist.

Sowohl Zeitschrift als auch Blog sind Wegweiser für ein grundlegend ökologisches Denken, die die theoretische Vorarbeit dafür leisten, daß »die stofflichen Umsätze« verringert werden und dadurch eine »Entschleunigung« und folglich eine Stabilisierung der Bestände, sowohl kultureller als auch materieller Art, einsetzt.

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Wir sind uns sicher: »Im Wesen der Gefahr verbirgt sich […] die Möglichkeit einer Kehre […].«

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Die Kehre ist eine Zeitschrift, die die Ökologie aus einer grundsätzlichen Perspektive betrachtet. Jedes Jahr erscheinen vier Ausgaben, die mal mehr, mal weniger thematisch gebunden sind.

geb. 1989, ist Chefredakteur der Zeitschrift »Die Kehre«. Studium der Politkwissenschaft sowie der Soziologie und Sozialforschung (M.A.).

6 Comments

  1. Matthes Jürgen 2. Mai 2020 um 9:51 - Antworten

    Sehe ich auch so

  2. Rudolf Petersen 2. Mai 2020 um 22:29 - Antworten

    Sehr geehrter Herr Schick,

    eine Öko-Zeitschrift mit konservativer Perspektive – das interessiert mich. Ich bin gespannt, wie es über die Nachstands-Beschreibu.g hinaus weitergeht.

    Der Einstieg (- “Die Ozeane voller Plastik; die Flüsse voller Stickstoff und Phosphor; die Luft voller Schadstoffe; die Böden ausgelaugt; die Biodiversität schrumpft zur Einfalt – im 21. Jahrhundert zeigt sich das ganze verheerende Ausmaß der globalgewordenen Industrialisierung.“)

    hat mich insofern enttäuscht, als diese Apokalyptik die tatsächlichen Erfolge des Umweltschutzes seit den 70ern übersieht. Die Flüsse sind sauberer geworden, es gibt saubere Luft; man denke an die 60er Jahre!!!
    Kunststoff im Weltmeer stammt nicht aus Deutschland, ein weiteres Beispiel. Die Automotoren sind praktisch schadstofffrei, verglichen mit den 60ern.

    Ich bin gespannt, welche politischen Strategien Sie verfolgen, um Wohlstand und mehr Naturschutz zu vereinen.

    Der Beitrag über die Landschafts-Verhunzung durch Windanlagen, aber auch Zersiegelung ist wichtig.

  3. Rudolf Petersen 3. Mai 2020 um 12:21 - Antworten

    dass Luft und Flüsse sauberer wurden, ist nicht das Ergebnis „grüner“, sondern konservativer Umweltpolitik. Es gab eine Zeit – so ab 1975 bis 1990 – da waren CDU, CSU und FDP die entscheidenden Akteure für die Setzung von Emissions- und Immissionsgrenzwerten. Baum (FDP), Zimmermann (CSU) und Töpfer (CDU) wirkten zusammen, damit die Kraftwerke mit Entschwefelungs- und Entstickungsanlagen ausgetattet wurden – als die DDR die grösste Dreckschleuder Europas war und die Grünen noch Fundamentalkritik übten.

    Der Verbot von Bleitetra-Ethyl im Benzin und die Einführung von Kalysatoren war ein Geniestreich von des ansonsten von allen Medien links der WELT attackierten CSU-Zimmermann, dem Bundespräsident Carstens (CDU) wegen der Versäuerung der Böden zusetzte. Die SPD verstand sich zu dieser Zeit noch als Verteidiger der indsutriellen Arbeitsplätze und bremste – zusammen mit IG Metall-die Umweltvorschriften. Die Grünen, waren, wie gesagt, Fundamentalisten und waren Anti-Kernkraft sowie Gegner jeglicher Industrie. Bei wesentlichen Teilen der Grünen hat sich das bis heute nicht geändert.

    Grüne Umweltpolitik bescherten uns nicht nur Atomausstieg sowie teure Solar- und Windstromanalgen, sonden auch die landwirtschaftlichen Monokulturen. Niemand von denen hat bisher zugegeben, dass die Subventionen für Raps(diesel) und Biogaserzeugung aus Mais ursächlich sind für den Rückgang der Biodiversität in den ländlichen Räumen.

    Das in Kürze als mein Aufschlag zum Thema. Ich bin gespannt, wie die neue Zeitschrift den Spagat zwischen einer modernen Industriegesellschaft und wirksamen Naturschutz hinbekommt. Bisher findet – halbherziger – Naturschutz nur in den entsprechend ausgewiesenen Gebieten statt.

  4. Andreas aus E. 7. Mai 2020 um 13:48 - Antworten

    Moin Moin aus dem Norden!

    Vorab: Gutes Gelingen!
    Das „Ökothema“ ist viel zu lange schon von Linksgrün besetzt. Allenfalls ist die ÖDP noch dran, aber die sind eh nicht so das Wahre und außerhalb einiger Reservate in Süddeutschland praktisch nicht wahrnehmbar, zur AfD ist mit „Das ökologische Profil der Partei läßt enorm zu wünschen übrig.“ das Wesentliche gesagt (vielleicht sollte ich da eintreten und das ändern ;-) ).

    Unzutreffenderweise wird „Bündnis90/DieGrünen“ noch immer als „Ökopartei“ bezeichnet – nichts könnte da falscher sein!
    Eine Partei, welche eine Art von Energiegewinnung propagiert, welche massiv der Natur schadet, ist nie und nimmer „öko“. Die würden womöglich die Bettwanze unter Artenschutz stellen, aber ohne Wimpernzucken letzte Urwälder für Windkraftanlagen abholzen lassen.
    Und natürlich Feuchtgebiete trockenlegen, für Anbau von „Biosprit“. Da fragt man sich doch, ob [Selbstzensur, kann jeder einsetzen was gefällt :-)]

    Es ist überaus bezeichnend, daß diese Naturvernichtungspartei ausgerechnet die Sonnenblume zum Symbol gewählt hat. Starkzehrer. Monokultur. XYZ-zid-bedürftig. Fremdländisch. Da könnte man glatt an andere Phänomene denken.
    Dazu dann Vogelschredder und Wassergetierhäcksler als „grünen Strom“ anpreisen. Verlogener geht es kaum und dümmer geht kaum, wenn ein Naturfreund die wegen des Umweltschutzaspektes wählt. (Wäre ich übrigens Werbemensch einer Umweltpartei – mein Symbolvorschlag wäre die Silhouette eines modernen Kernreaktors. Sicher, sauber, zuverlässig.)

    Was bei den „Grünen“ weiter aufstößt – und nicht allein bei denen: Die blenden völlig aus, daß mehr Menschen schlicht und einfach mehr Ressourcen verbrauchen, Platz, Nahrung, Energie.
    Hierzulande bejubeln die Abtreibung, in Richtung Orient und Afrika hört man dergleichen nicht. Man findet es ja ganz im Gegenteil sogar klasse und unterstützt es, wenn Leute aus Ländern mit vergleichweise „kleinem CO2-Fußabdruck“ in Länder mit CO2-Fußabdruck Marke Riesensaurier mit Taucherflossen migrieren (wo denen natürlich für Wohncontainer gern innerstädtische Grünflächen geopfert werden, aber so sind sie, die „Grünen“ – nur bitte nicht vor eigener Haustür).
    Ich hab übriges auch noch nie gehört, daß „Grüne“ Mohammedaner ermahnten, auf die tierquälende Schächterei zu verzichten oder überhaupt zum Opferfest statt eines Lammes lieber einen Kohlrabi zu schnibbeln.

    Upps, etwas lang geworden und ich hätte noch endlos in petto, also wiederhole ich mich einfach zum Abschluß: Gutes Gelingen! Und mal sehen, ob ich das Heft auch über den Zeitschriftenhändler meines Vertrauens vor Ort erwerben kann.

    Grüße!

    Andreas aus E.

  5. Mkatharina 26. Juni 2020 um 8:50 - Antworten

    kurzformel: öko konservativ = prima. danke.

  6. Ulrich Dittmann 14. Juli 2020 um 17:19 - Antworten

    “Die Ozeane voller Plastik; die Flüsse voller Stickstoff und Phosphor; die Luft voller Schadstoffe; die Böden ausgelaugt; die Biodiversität schrumpft zur Einfalt…”
    So ist es, die Welt versinkt in Müll und Gift.

    Dreh- Knack- und Mittelpunkt ist der Mensch, der sich leider krebsartig vermehrt.
    “Diese Spezies ist von Natur aus böse – und er bedarf der Gnade oder Zucht, nicht um gut, sondern um erträglich zu werden.” (Dr. Peter Scholl-Latour)

    Eine parasitär und asozial lebende Menschheit vermehrt sich täglich um 200 000 Köpfe – die Apokalypse für unsere geschundene Erde. Die „Dornenkrone der Schöpfung“ hat die Erde zu einem einzigen gigantischen Friedhof gemacht. Es starben und sterben zu viele wertvolle tierische Mitgeschöpfe durch die Hand gewissen- und gedankenloser Menschen. Für die Tiere hat der Teufel keinen Klumpfuß und keine Hörner, sondern eine Menschenfratze.

    Siehe z.B. tierquälerische kz-ähnliche Massentierhaltung. Anschließend höllische, endlose Tiertransporte in Eiseskälte oder glühender Hitze – dann die Schlachtung.
    Heute, angesichts der ungehemmt nach Deutsch-Michl-Land flutenden muslimischen Wirtschaftsflüchtlinge, die das Schächten in ihrem“Kulturgepäck” einschleppen, droht dann als finales Lebensende gar das betäubungslose Abmurksen eines leid- und schmerzempfindenden Geschöpfes. (Mehr speziell dazu siehe https://wolodja51.wordpress.com/das-betaeubungslose-schaechten-von-tieren-im-focus-des-21-jahrhundert/ und dort weiterführende Links)

    Natürlich ist in manchen Ihrer Umwelt- und Naturschutzbeiträgen auch etwas der Tierschutz einbezogen – siehe der hochinteressante Artikel “Im Schatten der Windkraft stirbt der Artenschutz”. Doch die Begrifflichkeiten “Arten”- und “Umwelt”-schutz beinhalten leider nicht zwingend auch Tierschutz. Hier ist die Intention die Umwelt um den Mittelpunkt-Mensch herum zu bewahren – eben um des Menschen willen.
    Für einzelne Tierarten wäre es sogar segensreich auszusterben(!) – eben für die, die unter grausamster Knute in Menschenhand dahinvegetieren. Wahrlich für viele sogenannte Nutztiere ist so Nichtsein allemal besser als Sein.-

    Aus Gründen wie vorstehend kurz angeschnitten, würde ich es sehr begrüßen, wenn Sie in Ihrem Magazin auch “reine” Tierschutzthemen aufgreifen würden.

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